CFO Adolf Scheuchenpflug zeigt sich im Interview überzeugt, dass SWIETELSKY die dynamische Lage auch kaufmännisch im Griff hat.
Der im oberösterreichischen Mühlviertel verwurzelte Adolf Scheuchenpflug kommt ursprünglich nicht aus der Bauwirtschaft, sondern hat sein Handwerk in Jahrzehnten als BAWAG- Banker erlernt, zuletzt in leitender Position zuständig für Geschäfts- und Großkundenberatung. 2007 wechselte er die Seiten. Seither verantwortet er die finanziellen und kaufmännischen Angelegenheiten von SWIETELSKY. Wir haben mit dem leidenschaftlichen Jäger darüber gesprochen, welche Kennzahlen er jetzt umso genauer aufs Korn nimmt, wie wichtig Datensicherheit ist, wie erfolgreiches Personalmanagement funktioniert und welche Erkenntnisse man aus der Krise mitnehmen sollte.
Beginnen wir – ganz buchhalterisch – mit einer Eröffnungsbilanz: Was macht eigentlich ein „Chief Financial Officer“ und was ist Ihr persönliches Credo?
Meine Aufgabe als CFO sehe ich darin, eine effektive sowie effiziente Finanzorganisation bereit- und sicherzustellen. Diese besteht aus einer Vielzahl von Dienstleistungs- und Servicefunktionen, angefangen bei den klassischen Aufgaben im externen und internen Rechnungswesen – wie Finanzbuchhaltung, Bilanzierung oder Kostenrechnung – bis hin zu Controllingaufgaben. Dazu zählen etwa laufende Managementinformation und Planung, aber auch die Bereiche Treasury, Steuern und weitere. Ich fühle mich verantwortlich für die Korrektheit der Bücher, für den Schutz der Vermögenswerte im Unternehmen, für die Einhaltung der finanziellen Auflagen und die zukünftige Ausrichtung der Finanz-, Investitions- und Geschäftsstrategie. Mein Aufgabengebiet im Vorstand von SWIETELSKY geht insofern über die klassische CFO-Rolle hinaus, als ich auch für sämtliche kaufmännisch-administrativen Servicebereiche verantwortlich bin. Dazu gehören beispielsweise die Bereithaltung und der Schutz der IT-Infrastruktur, die Personaladministration oder Bereiche wie Recht und Versicherungen sowie alle baukaufmännischen Dienstleistungen.
Der IT kommt aktuell besondere Bedeutung zu: Das weit verbreitete Homeoffice stellt die Datensicherheit auf den Prüfstand. Mögliche Probleme reichen vom Datenverlust durch technische Fehler bis hin zur gezielten Betriebsspionage. Wie geht SWIETELSKY damit um?
Die IT ist der am schnellsten wachsende und mittlerweile auch einer der größten Bereiche in meiner Zuständigkeit. Im Kern geht es darum, die gesamte Organisation bis hin zur Baustelle und zunehmend auch die Geräte und Maschinen optimal mit Informationstechnologien zu versorgen. Dabei kommt der Sicherheit unserer Systeme angesichts einer sprunghaft zunehmenden Cyberkriminalität immer größere Bedeutung zu. Wir haben schon vor einigen Jahren ein Team von Spezialisten aufgestellt, das sich ausschließlich mit dem Schutz unserer IT-Infrastruktur vor solchen Bedrohungsszenarien beschäftigt. Ein Ausfluss dieser Bemühungen ist die im Dezember erfolgreich abgeschlossene Cyber-Security-Zertifizierung unserer System- und Organisationslandschaft.
Dass Ihr Unternehmen – jetzt also auch ISO-zertifiziert – ganz weit vorne ist, kann man in Ihrer Liga zur Pflicht zählen. Als Kür erscheint da schon vielmehr, dass SWIETELSKY von der Financial Times als integrativstes Unternehmen Österreichs und integrativstes Bauunternehmen Europas hinsichtlich der Verschiedenartigkeit von Geschlecht, Alter, ethnischer Zugehörigkeit, Behinderung und sexueller Orientierung in der Belegschaft ausgezeichnet wurde. Was ist da passiert?
Eigentlich nicht allzu viel! Im Wesentlichen haben wir unsere seit Jahrzehnten gewachsene Unternehmenskultur geschärft und noch besser sichtbar gemacht. Sie gründet darauf, dass wir gezielt den unternehmerischen Geist, das Talent sowie die Eigeninitiative unserer Mitarbeiter fördern und dabei ein nahezu familiäres Miteinander pflegen. Im Vorstand freuen wir uns sehr über die in- und außerhalb des Unternehmens deutlich sichtbare Wahrnehmung dieser langfristigen Bemühungen. Das internationale Ranking der Financial Times bestätigt uns darin, diesen Weg weitergehen zu wollen.
Beinahe alle Branchen klagen über den Fachkräftemangel. Eines der wirkungsvollsten Gegenmittel ist die Lehrausbildung, aber auch dazu muss man die geeigneten jungen Leute erst finden. Wie kommen Sie diesbezüglich voran?
Wir unternehmen große Anstrengungen in diese Richtung und sind uns dabei unserer Verantwortung als Ausbildungsunternehmen bewusst. Fünfundzwanzig verschiedene Berufe können Jugendliche bei SWIETELSKY erlernen, jedes Jahr kommen mehr als hundert neue Lehrlinge in den Konzern. Aufbauend auf einem breit angelegten Personalstrategieprozess, in den viele hierarchische Ebenen einbezogen wurden, haben wir erarbeitet, was SWIETELSKY als Arbeitgeber ausmacht. Das kommunizieren wir offensiv nach außen, sowohl in Richtung Lehrstelleninteressierte als auch in Richtung qualifizierte Fachkräfte. Unsere Positionierung als familienähnliches Arbeitsumfeld unter dem Motto „SWIETELSKY – gefühlt Familie“ trifft genau unseren Wesenskern. Die Mitarbeiter – wir nennen sie Swietelskys – identifizieren sich damit und bleiben dem Unternehmen überdurchschnittlich lange verbunden.
Ganz werden wir um das alles beherrschende Thema „Corona“ nicht herumkommen: Der Halbjahresbericht 2020 ist sehr solide, aber welche Spuren hinterlässt die Pandemie langfristig in den Konzernfinanzen?
Das abgelaufene Jahr haben wir gut überstanden. Es ist uns 2020 gelungen, an die Rekordergebnisse, die wir in der Vorjahressaison erzielt hatten, anzuschließen. Unsere Liquiditäts- und Finanzlage ist unverändert sehr positiv zu bewerten. Vor diesem Hintergrund sind wir für die kommenden Jahre gut aufgestellt. Nachdem Corona unsere Gesellschaft und die Wirtschaft nach wie vor in Atem hält, ist es zu früh, ein endgültiges Resümee zu ziehen. Ich bin jedoch zuversichtlich, dass wir wirtschaftlich gut aus dieser Krise kommen werden.
Wenn man als CFO einen Milliardenkonzern durch eine ausgewachsene Wirtschaftskrise steuert: Welche Kennzahlen, welche Parameter hat man da besonders im Blick?
Das erste Augenmerk richtet sich auf die Liquidität. Da hatten wir bereits im Frühjahr 2020 ein sehr solides Korsett, das wir im Krisenjahr sogar noch leicht ausbauen konnten. Der zweite Blick gilt der Auftrags- und Beschäftigungssituation. Auch dort können wir im Großen und Ganzen auf einen ausreichend großen Polster bauen. Herausfordernd war und ist es, unsere Belegschaft gesund durch die Krise zu bringen und dabei den operativen Leistungsbetrieb so störungsfrei und produktiv wie möglich zu gestalten. Mittlerweile beschäftigt mich zunehmend die Frage, was wir aus der Krise lernen und mitnehmen können. Diesbezüglich glaube ich, dass neuen Formen der Zusammenarbeit eine immer größere Bedeutung zukommen wird. Unsere Krisenerfahrungen mit dem Homeoffice werden die Online-Kollaboration nachhaltig prägen.
Was wir aus dem Jahr 2020 hoffentlich nicht mehr allzu lange mitnehmen, ist die Erfindung sogenannter Lockdowns. Kommt nach Auslaufen der staatlichen Zuschüsse nun die Pleitewelle?
Schwer zu sagen! Am Bau sind wir es gewöhnt, wendig und flexibel auf Probleme zu reagieren, und wenn es gelingt, diese Pandemie bis zum Frühsommer in den Griff zu bekommen, erwarte ich persönlich keine großen Ausfälle in der Branche. Es ist etwas schwierig geworden, die Aussichten zu kommentieren, wenn sich die pandemische Lage alle vierzehn Tage verändert.
Und doch ist die Einschätzung künftiger Entwicklungen im Finanzmanagement essenziell, also: Kommt Österreich, kommt Europa in Q1 2021 aus der Krise?
Noch im Dezember hätte ich dazu ja gesagt. Am Ende hängt das stark davon ab, wie schnell wir den Virus in den Griff bekommen, daher rechne ich heute mit einer starken Erholung erst nach dem zweiten Quartal 2021.