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Wieselburg atmet auf

24.11.2021, Lesezeit 4 Minuten
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Die Umfahrung Wieselburg galt zeitweise als größte Baustelle im niederösterreichischen Landesstraßennetz. Seit der Eröffnung im Juni 2021 ist sie eine enorme Bereicherung für die Region.

Mehr als 2000 Lkw und rund 14 000 Pkw sind zuvor täglich durch Wieselburg gefahren. Eine unerträgliche Lärmbelastung für die Bewohner und Stau für die Autofahrer waren die Folge. Mit der Umfahrung geht nun ein lang ersehnter Wunsch der Wieselburger Bevölkerung in Erfüllung: Der Verkehr im Ortszentrum wird um bis zu fünfzig Prozent verringert. Die Umfahrung zweigt beim Holzinger Berg von der B 25 ab, wo ein Kreisverkehr neu errichtet wurde. Sie mündet südlich von Wieselburg bei Mühling wieder in die B 25 ein, ebenfalls im Zuge eines neuen Kreisverkehrs. Der über acht Kilometer lange Verkehrsweg wurde als dreispurige Straße ausgeführt: Die sogenannte „2+1“-Führung erlaubt ein gefahrloses wechselseitiges Überholen. In den rund sechzig Monaten Bauzeit war SWIETELSKY-Ingenieurtiefbau im Rahmen einer ARGE für die Errichtung mehrerer Brückenbauwerke und Durchlässe verantwortlich. „Es erfüllt mich mit Stolz, dass dieses so herausfordernde Projekt unter der Federführung unserer erstklassigen Mitarbeiter umgesetzt wurde“, freut sich Filialleiter Herbert Weier.

Neuartiger Brückenbau über die Erlauf

Insgesamt weist die Umfahrung ganze siebzehn Brücken auf: zwei über die Erlauf, eine Bahnüberführung, drei Wildbrücken bzw. -durchlässe, sechs Landesstraßen-, drei Weg- und zwei Gerinnequerungen. Dafür wurden insgesamt 2300 Laufmeter an Bohrpfählen, 24 000 Kubikmeter Beton und 3000 Tonnen Bewehrungsstahl verbaut. „Eine besondere Herausforderung waren die beiden Brücken über die Erlauf“, erzählt Wolfgang Friedl, verantwortlicher Bereichsleiter bei SWIETELSKY-Ingenieurtiefbau. Aufgrund der Spannweite von über fünfzig Metern waren die Bauwerke ursprünglich als Stahlverbundtragwerk ausgeschrieben. „Wir fanden im Rahmen eines Forschungprojektes jedoch eine bessere Lösung und haben erstmals in Europa eine Brücke über diese Länge mit semiintegralem, schlaff bewehrtem Stahlbeton-Plattenbalkentragwerk umgesetzt“, führt Friedl weiter aus. Bei dieser Bauweise sei bisher eine Vorspannung in den Stahlbetonträgern notwendig gewesen. „Da wir nach exzessiven Material- und Verfahrens-Voruntersuchungen auf diesen Aufwand verzichten konnten, wurde der Prototyp unter laufender Verfahrensevaluierung und Beobachtung hergestellt und die Idee seitens der ARGE sogar für eine Forschungsförderprämie eingereicht“, so Friedl.

Ökologische Ausgleichsmaßnahmen

Achtzig Millionen Euro hat das Land Niederösterreich in die Errichtung der Umfahrung investiert. Diese flossen jedoch nicht nur in den Straßen- und Brückenbau, sondern auch in vielschichtige umweltschonende Maßnahmen. Die Erhaltung wertvoller Naturräume und die Neugestaltung und Verbesserung jener Bereiche, in denen Eingriffe notwendig waren, standen auf der Prioritätenliste bei Planung und Ausführung. Insgesamt wurden für die neue Umfahrung 260 Bäume und über 102 000 Containerpflanzen sowie 140 000 Sträucher und Heister gepflanzt. Auf circa 8,25 Hektar wurden Fichtenbestände in mehreren Teilflächen gerodet und durch Einbringung von Totholz und Pflanzung von Laubmischwald wurde der ökologische Wert verbessert. Nistkästen für Fledermäuse, zahlreiche Wildschutzmaßnahmen sowie Amphibienschutzwände und -durchlässe sind weitere Bestandteile des mehrere Hundert Seiten langen Umweltverträglichkeitsbescheids. Eine weitere Besonderheit an der Umfahrung Wieselburg ist die Photovoltaikanlage, die bei der Einmündung in den Kreisverkehr Süd direkt in die Lärmschutzwand integriert wurde. Damit wird ein weiterer Beitrag zur nachhaltigen Energieerzeugung geleistet, ohne wertvolle Fläche zu verbrauchen.

Bevölkerung mit langem Atem

Trotz der vergleichsweise kurzen Bauzeit blickt das Projekt auf eine jahrzehntelange Geschichte zurück: Bereits 1953 wurden erste Überlegungen zu einer Umfahrung des Stadtgebiets von Wieselburg angestellt. Zwanzig Jahre später griff man die Idee der Umfahrung erneut auf: 1974 wurde zuerst eine Vorstudie und darauf aufbauend 1978 ein generelles Projekt erstellt, das aber am Widerstand der Wieselburger Wirtschaft scheiterte. Weitere zwanzig Jahre später gab es einen neuerlichen Anlauf. Nach Voruntersuchungen und Machbarkeitsstudien wurde im Februar 2008 der Antrag nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000) eingebracht. Zwar hatte die zuständige Behörde im Mai 2010 die Genehmigung nach dem UVP-G 2000 erteilt, allerdings wurde gegen diesen Bescheid Berufung eingelegt. Ende Oktober 2013 wurde der ursprüngliche UVP-Bescheid von der höheren Instanz, dem Umweltsenat, im Wesentlichen bestätigt. Die daraufhin vorgebrachte Beschwerde bzw. die angestrebte Revision des Verfahrens beim Verwaltungsgerichtshof konnte Ende November 2014 zurückgewiesen werden – der UVP-Bescheid war somit endlich rechtswirksam. Unmittelbar im Anschluss daran begann die Bauvorbereitung, im Mai 2016 wurden schlussendlich die ersten Baumaßnahmen gesetzt. Die Verkehrsfreigabe erfolgte am 10. Juni 2021 – und die Wieselburger Bevölkerung kann endlich aufatmen.

  Albert Nagy

Redaktion

Albert Nagy

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