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Meister der Konzerndiplomatie

22.06.2021, Lesezeit 6 Minuten
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Walter Pertl war bis März Auslandsvorstand von SWIETELSKY. Nun verabschiedet er sich in den Ruhestand. Wir blicken mit ihm auf sein Lebenswerk.

Als Vorstand der Swietelsky AG hat Diplomingenieur Walter Pertl die Auslandsbeteiligungen zu einem gut geschmierten Wachstumsmotor herangeformt. Sein Erfolgsrezept war die internationale Vernetzung der Experten und ihrer Kompetenzen. Mit der besten Mischung aus Verständnis und Beharrlichkeit hat er dafür die Grenzen im Denken überwunden.

Herr Pertl, Ihr Abschied von SWIETELSKY nach neun Jahren im Vorstand setzt einen Schlusspunkt unter eine Ära. Wie fühlt sich der neue Lebensabschnitt an?

Der hat gefühlt noch nicht begonnen. Als Vorstand scheidet man sinnvollerweise nicht von einem auf den anderen Tag aus. Diverse Funktionen müssen ordnungsgemäß zurückgelegt werden und natürlich liegt mir viel an einer sauberen Übergabe aller Aufgaben an einen voll informierten Nachfolger. Es ist aber schon deutlich ruhiger geworden und ich freue mich auf diesen neuen Abschnitt in meinem Leben.

Sie haben den beachtlichen Wachstumskurs von SWIETELSKY mitgestaltet, der allein seit dem Jahr 2000 eine Verzehnfachung der Bauleistung mit sich gebracht hat. Was war das Erfolgsrezept?

Ich bin erst 2008 ins Unternehmen eingetreten, also im Jahr der Wirtschaftskrise. Die Baubranche hat sich davon relativ rasch auch durch politische Maßnahmen und Investitionen in die Infrastruktur erholt. In den vorwiegend osteuropäischen Auslandsmärkten, für die ich verantwortlich war, wurden zahlreiche Investitionen von der EU gefördert und SWIETELSKY konnte sich schöne Stücke dieses Kuchens abschneiden. Das ist vorwiegend den Managern vor Ort und der Diversifikation unserer Geschäftsfelder zu verdanken. Wir sind strukturell auf „vielen Beinen gestanden“. Letztlich hängt der Erfolg eines Bauunternehmens immer stark von den handelnden Personen, ihren Fähigkeiten und ihrer Motivation ab. Auch da ist es uns gelungen, exzellente Teams zu formen und zu halten.

Zum Abschied hat Sie Aufsichtsratsvorsitzender Norbert Nagele als „Garant für solide Prosperität und nachhaltige wirtschaftliche Erfolge“ bezeichnet. Was war Ihr persönliches Rollenverständnis als Auslandsvorstand?

Man muss die Leute kennen, mit denen man in direkter Linie zu tun hat. Jeder ist ein Individuum und tickt anders. Genauso ist es mit den einzelnen Märkten: Einen Auftrag in Tschechien zu bekommen funktioniert anders als in Ungarn oder Deutschland. Hier war es eine meiner wichtigsten Aufgaben, das Management der Auslandstöchter zu unterstützen, zum Beispiel mit Wissensaustausch. Man darf auch nicht vergessen, dass die Länder Osteuropas über viele Jahrzehnte sozialistisch geprägt wurden. Die Nachwirkungen daraus waren 2008, also zu Beginn meiner Tätigkeit bei SWIETELSKY und lange nach der sogenannten Ostöffnung, noch immer spürbar. Mittlerweile ist das überwunden und eine neue Generation am Werk, die sehr erfolgsorientiert und wettbewerbsfähig ist. Die ist aber auch sehr stolz und eigenständig. Die Vorstellung, dass diese Menschen nach der Pfeife von uns Österreichern tanzen würden, ist natürlich sehr naiv. Mit einer solchen Einstellung haben sich viele hiesige Unternehmen in Osteuropa die Finger verbrannt.

Und wie macht man das besser, um sich eben nicht die Finger zu verbrennen?

Persönlich war es mir wichtig, auf die Leute zuzugehen und ihnen klarzumachen, dass hier nicht der Inquisitor kommt, weil das eine oder andere nicht nach unseren österreichischen Vorstellungen funktioniert. Man versucht die Mitarbeiter zu überzeugen, dass manches besser läuft, wenn man es anders angeht, und dass es eine Muttergesellschaft gibt, die mit technischem und kaufmännischem Know-how dort unterstützt, wo das sinnvoll ist. Wenn es funktioniert, gewinnt man Vertrauen und kann darauf aufbauen. Plötzlich werden Probleme an einen herangetragen, an die man gar nicht gedacht hat, und wieder gemeinsame Lösungen entwickelt. So wird die Zusammenarbeit immer fruchtbarer.

Ihr größter Erfolg in dieser Zeit?

Der war vermutlich, als die Kollegen im Ausland ihre Scheu vor Sprachbarrieren abgelegt und begonnen haben, länderübergreifend zu kommunizieren. So konnten sie sich Informationen und Unterstützung direkt aus einem anderen Land holen und ich musste nicht mehr als Schnittstelle dienen. Da kam eine spannende Dynamik in die Zusammenarbeit und es entstand ein gut funktionierendes Netzwerk, von dem alle profitieren.

Die meisten Kollegen kennen Sie als positiven Menschen, immer gut gelaunt mit einer gehörigen Portion „Wiener Schmäh“. Gab es auch Situationen, die so schwierig waren, dass Ihnen der Schmäh – wie man so sagt – ausgegangen ist?

Der „Wiener Schmäh“ funktioniert leider sprachbedingt nur in Österreich und vielleicht noch in Bayern. Ich bin aber jedenfalls überzeugt, dass es sehr wichtig ist, positive „Vibrations“ an die Mitarbeiter auszusenden. Wenn das Geschäft gut läuft, ist jeder gerne Manager. Schwierig wird es bei rückläufiger Auftragslage und wenn man den Sparstift ansetzen muss. Davon sind unvermeidbar auch Mitarbeiter und deren Familien betroffen. Da vergeht auch mir die gute Laune und dann hilft auch kein Schmäh weiter.

Lassen Sie uns die skurrilste Geschichte miterleben, in die Sie in all den Jahren geraten sind?

(nachdenklich) Da gibt’s einige. Ich werde mich jedenfalls immer erinnern an die Verhandlungen mit dem Budapester Oberbürgermeister und einem Dutzend seiner Mitarbeiter im Zuge der Bauarbeiten bei der Metrolinie 4. Gemeinsam mit Generaldirektor Hellmuth Brustmann und Geschäftsführer Arpad Bogner war ich dort, um über gerechtfertigte Forderungen und deren Bezahlung zu sprechen. Ich habe in meiner Position versucht, zwischen dem selbstbewussten Oberbürgermeister und unserem nicht minder selbstbewussten Generaldirektor zu vermitteln. Das war keine leichte Aufgabe, eine Eskalation konnte verhindert werden (lacht).

Was möchten Sie Ihren Kollegen und Mitarbeitern auf den nunmehr getrennten Weg mitgeben?

Vergessen wir nie, dass wir es trotz zahlreicher elektronischer Helferleins mit Menschen zu tun haben, seien es Mitarbeiter, Kollegen oder Vertreter des Auftraggebers. Jeder hat seine Macken, Stärken und Schwächen. Diese zu erkennen und darauf möglichst gut einzugehen, erleichtert auch das eigene Leben sehr.

Und wie dürfen wir uns den Unruhestand des Herrn Auslandsvorstands vorstellen?

Meine beiden Töchter haben im Abstand weniger Wochen Kinder zur Welt gebracht. Mit meinen zwei Enkelkindern, die nun 18 Monate alt sind, wird mir sicher nicht langweilig. Ich hoffe auch sehr, dass wir bald zu gesellschaftlichem Normalbetrieb wechseln können, dann kann ich mit den zwei Kleinen auch viel mehr unternehmen. Meiner Frau, die auch heuer in Pension geht, möchte ich viel von dem Teil Europas zeigen, in dem ich in den letzten Jahren geschäftlich herumgekommen bin. Wenn sich endlich der Frühling mit besserem Wetter einstellt, freue ich mich aufs Radeln und Nordic Walken mit Freunden.

  Peter  Schöndorfer

Redaktion

Peter Schöndorfer

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