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Bauwirtschaft in der Produktivitätsfalle?

19.10.2020, Lesezeit 4 Minuten
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BIM hat das Zeug dazu, die Branche zu revolutionieren. Bis dahin gilt es noch, einige Herausforderungen zu bewältigen.

In Sachen Produktivität hinkt die Baubranche anderen Industrien hinterher. Das gilt keineswegs nur für die D-ACH-Region, sondern ist seit Jahrzehnten ein weltweites Phänomen. Best-Practice-Beispiele sucht man wie die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen. Das Beratungsunternehmen McKinsey errechnete 2017, dass die deutsche Gesamtwirtschaft seit 1995 um 1,32 Prozent jährlich produktiver wurde, während die Baubranche nur auf 0,26 Prozent jährliches Produktivitätswachstum verweisen konnte. Damit entgehen der deutschen Baubranche jährlich rund 100 Milliarden Euro an Wirtschaftsleistung. Die abgebildete Grafik zur Arbeitsproduktivität spricht eine ähnliche Sprache für Österreich. Auch global betrachtet liegt die jährliche Produktivitätssteigerung am Bau nur bei rund einem Prozent im Schnitt der letzten zwanzig Jahre. Für die Produktivitätsprobleme scheint es mehrere Ursachen zu geben. Während andere Industrien wie die Automobilbranche seit Jahrzehnten auf Standardisierung, gleiche Bauteile und Automatisierung setzen, ist die Bauwirtschaft mit Prototypenfertigung beschäftigt. Jedes Bauwerk ist hochindividuell, und entsprechend aufwendig sind jedes Mal aufs Neue Planung und Ausführung. Das ergibt sich u.a. durch räumliche, geografische oder funktionale Anforderungen, dennoch: Es liegt unbestreitbar großes Potenzial in der Standardisierung und Modularisierung von Bauprojekten.

Eine zweite Ursache für die Produktivitätsprobleme könnte in der Fragmentierung liegen. In Österreich existieren 2020 rund 36 000 Unternehmen im Bauhauptgewerbe und im Ausbaugewerbe bei einem gesamten Branchenumsatz von rund 50 Milliarden Euro. Die vielen kleinen Einheiten sind auf intensive Zusammenarbeit im Rahmen von Bauprojekten angewiesen. Eine besondere Vorliebe zur Kooperation wird der Branche dennoch nicht nachgesagt. Der Informationsfluss auf der Baustelle gilt branchenweit als unzureichend. Die mangelnde Transparenz behindert die Produktivität.

Zwischen den Preissteigerungen der Bauwirtschaft und der Inflation tut sich eine immer größere Schere auf (siehe Grafik). Auf der Suche nach einer Lösung führt kein Weg an BIM (Building Information Modeling) vorbei. Dabei werden alle Phasen eines Bauwerks in einem digitalen Modell abgebildet. Von der Entwicklung über die Planung und Bauausführung bis hin zur Verwaltung und Nutzung dient das Datenmodell als gemeinsame Basis aller Projektbeteiligten. Jede Veränderung, jeder Planungsabschnitt und jede Umsetzung wird für jeden Verantwortlichen sofort sichtbar. Dadurch soll die Abstimmung zwischen den Disziplinen erleichtert und beschleunigt werden. Effizienz, Qualität und Zeitplanung profitieren gleichermaßen.

Monika Ehlers, Leiterin der Digitalen Unternehmensentwicklung bei SWIETELSKY, betont die großen Vorteile: „Eine modellbasierte Arbeitsweise bietet Visualisierungsmöglichkeiten, die eine Bauaufgabe besser nachvollziehbar machen. Sie schafft vielfältige Möglichkeiten zur Auswertung von Mengen und Massen. Zudem gewährleistet sie ein optimales Qualitäts-, Fehler und Mängelmanagement.“ BIM sei das Werkzeug integrierter Bauplanung schlechthin, sind sich die meisten Experten einig. Dennoch bestehen nach wie vor einige Herausforderungen für die flächendeckende Nutzung und entsprechend groß ist die Zurückhaltung in der Branche.

Da wäre zum Beispiel die Kundennachfrage, die nach wie vor verhältnismäßig gering ist. Zahlreiche vor allem kleinere Bauunternehmen haben Zweifel. Der Wechsel zur modellbasierten Arbeitsweise wird als zu aufwändig bewertet. Auch die nötigen Fachkompetenzen können derzeit nur schwierig aufgebaut werden. Expertin Monika Ehlers ist überzeugt: „Der Mehrwert einer guten Datenbasis wird aktuell weder von Bauherren noch von Betreibern umfassend erkannt.“ Als Bremsklotz erweise sich auch die mangelnde Standardisierung der für den Betrieb wichtigen Daten. Sie erzeuge einen Wildwuchs von Anforderungen, Regeln und eine sehr unterschiedliche Datenqualität. Zudem stünde die Scheu vor allzu großer Transparenz einem interdisziplinären Datenaustausch im Weg. Diverse Schnittstellenprobleme ließen interdisziplinäre lebenszyklusorientierte Kollaboration und Kommunikation nicht zu, so Ehlers. Außerdem seien Zuständigkeiten und Datenhoheiten nicht geregelt: Wer liefert welche Informationen zu welcher Zeit in welcher Qualität und in welchem Format? Und wie können Medienbrüche, Informationsverluste, aber auch Doppelbearbeitung vermieden werden?

Die technischen Möglichkeiten in Richtung modellbasierter Arbeitsweise entwickeln sich dennoch rasant. Mittelfristig scheint es auch angesichts der Knappheit an Baufachkräften und der notwendigen Produktivitätssteigerungen wahrscheinlich, dass sich die verbliebenen Skeptiker auf die neue modellbasierte Arbeitsweise einlassen. SWIETELSKY sei dafür jedenfalls mit Kompetenz und entsprechenden Referenzprojekten gut vorbereitet, betont Monika Ehlers.

 Mag. Clemens Kukacka

Redaktion

Mag. Clemens Kukacka

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